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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 16.04.2008
Aktenzeichen: 14 Wx 12/08
Rechtsgebiete: bad.-württ. LJKG, bad.-württ. LFGG, KostO


Vorschriften:

bad.-württ. LJKG § 10 Abs. 2 a.F.
bad.-württ. LJKG § 10 Abs. 2 S. 1 a.F.
bad.-württ. LJKG § 11 Abs. 1 n.F.
bad.-württ. LFGG § 3 Abs. 1
KostO § 14
KostO § 156
1. Über Einwendungen, die gegen die Kostenrechnung eines badischen Amtsnotars für Beurkundungsgeschäfte nach § 3 Abs. 1 LFGG gerichtet sind, ist nur dann im Verfahren nach § 156 KostO zu entscheiden, wenn die Gebühren erst nach dem 31.12. 2005 entstanden sind.

2. Beziehen sich die Einwendungen auf Beurkundungsgebühren, die zwischen dem 01.06.2002 und dem 31.12.2005 entstanden sind, ist dagegen im Verfahren nach § 14 KostO zu entscheiden.


Oberlandesgericht Karlsruhe 14. Zivilsenat in Freiburg Beschluss

Geschäftsnummer: 14 Wx 12/08

16. April 2008

Kostenrechung des Notariats I W.-T. Nr. 200802 vom 20.12.2007,

betreffend die Hauptversammlung der S. AG vom 24.06.2006 (I UR 1213/2002)

hier: Weitere Beschwerde des weiteren Beteiligten, Notar G., gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 05.02.2008 - 1 T 20/08 -

Tenor:

1. Auf die weitere Beschwerde des weiteren Beteiligten, Notar G., wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 05.02.2008 - 1 T 20/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird an das sachlich zuständige Amtsgericht Waldshut-Tiengen verwiesen.

Gründe:

I.

1. In der Urkunde I UR 1213/02 hat der Notar beim Notariat I Waldshut-Tiengen die auf der Hauptversammlung der Sedus Stoll AG (Beteiligte Nr. 1; Kostenschuldnerin) vom 24.06.2002 gefassten Beschlüsse beurkundet

2. Am 17.05.2006 erging für die Beurkundung der Beschlüsse an die Kostenschuldnerin die Kostenrechnung Nr. 200802 des Notariats über insgesamt 5.881,14 €. Dabei war für die Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von 12.572.994 € gemäß §§ 47, 141 KostO eine Gebühr in Höhe von 5.000 € angesetzt worden; hinzu kamen eine Auswärtsgebühr, eine Gebühr für die Bescheinigung einer Vertretungsberechtigung, eine Gebühr für die Beglaubigung von Abschriften, die Dokumentenpauschale sowie die Mehrwertsteuer.

3. Mit Schreiben vom 12.06.2006 hat die Kostenschuldnerin gegen die Kostenrechnung vom 20.06.2006 beim Notariat "Einspruch" mit der Begründung eingelegt, die Abrechnung der Kosten verstoße gegen europäisches Recht.

Der Bezirksrevisor ist den von der Kostenschuldnerin erhobenen Einwendungen entgegengetreten. In seiner Stellungnahme vom 02.08.2006 hat er die Auffassung vertreten, mit der Änderung des LJKG vom 28.07.2005 habe der Gesetzgeber die Gebührenregelung des Landes Baden-Württemberg der europäischen Gesellschaftssteuer-Richtlinie und deren Auslegung durch den EuGH angepasst. Nach dem geänderten LJKG sei der badische Amtsnotar Gläubiger der Gebühren und Auslagen für seine Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 LFGG. Soweit er nach § 11 Abs. 1 Satz 2 LJKG n.F. eine pauschale Aufwandsentschädigung von 15 % der Beurkundungsgebühren an die Staatskasse abzuführen habe, handele es sich um eine gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. e der Gesellschaftssteuer-Richtlinie zulässige Abgabe mit Gebührencharakter. Gemäß der Übergangsvorschrift (Art. 4 § 2 Satz 2 des Änderungsgesetzes) gelte diese Regelung auch für die Zeit vom 01.06.2002 bis zum 31.12.2005. Damit verstoße die Kostenrechnung nicht gegen europäisches Recht. - Weiter hat der Bezirksrevisor dem Notar gegenüber die Auffassung vertreten, der "Einspruch" der Kostenschuldnerin sei als Beschwerde nach § 156 KostO auszulegen und dem Landgericht vorzulegen. Hierauf hat der Notar die Sache mit Verfügung vom 29.08.2006 (AS. 41) dem Landgericht vorgelegt.

4. Das Landgericht hat die Einwendungen der Kostenschuldnerin mit der Begründung, gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 LJKG sei der Notar Gebührengläubiger, nach § 156 KostO behandelt. Mit Beschluss vom 16.07.2007 hat es die Kostenrechnung vom 17.05.2006 - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde - insoweit aufgehoben, als darin für die Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse eine Gebühr von 5.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht worden war; in diesem Umfang hat es die Kostenberechnung zur erneuten Entscheidung über den Kostenansatz an das Notariat zurückverwiesen. Die weitere Beschwerde wurde nicht zugelassen.

5. Unter dem 20.12.2007 hat das Notariat I Waldshut-Tiengen die Rechnung Nr. 200802 vom 17.05.2006 - lediglich mit einem neuen Datum versehen - erneut an die Kostenschuldnerin gerichtet. Gegen diese Rechnung hat die Kostenschuldnerin mit das Datum 18.01.2007 tragendem, aber vom 18.01.2008 stammendem und am 22.01.2008 beim Notariat eingegangenem Schreiben wiederum "Einspruch" mit der Begründung eingelegt, die Kostenrechnung verstoße gegen europäisches Recht. Der Notar hat die Sache dem Landgericht mit Verfügung vom 23.01.2008 zur Entscheidung vorgelegt.

6. Das Landgericht hat auch die Einwendungen der Kostenschuldnerin gegen die neu gestellte Rechnung als Beschwerde nach § 156 KostO behandelt. Mit Beschluss vom 05.02.2008 hat es die nunmehr das Datum 20.12.2007 tragende Kostenrechnung Nr. 200802 erneut unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde insoweit aufgehoben, als darin für die Beurkundung der Gesellschafterbeschlüsse 5.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht worden waren; in diesem Umfang hat es die Kostenberechnung wiederum zur erneuten Entscheidung über den Kostenansatz an das Notariat zurückverwiesen. Die weitere Beschwerde hat es zugelassen. Gegen diesen Beschluss hat der Notar mit Schriftsatz vom 05.03.2008 weitere Beschwerde eingelegt, die er mit das Datum vom 03.03.2008 tragendem Schriftsatz, welcher am 25.03.2008 beim Gericht der weiteren Beschwerde eingegangen ist, begründet hat.

II.

1. Nachdem das Landgericht über die Einwendungen der Kostenschuldnerin gegen die Kostenrechnung vom 20.12.2007 im Verfahren nach § 156 KostO entschieden hat - darauf, ob dies zu Recht geschehen ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an -, sind für die weitere Beschwerde die in der genannten Vorschrift enthaltenen Regelungen maßgeblich. Damit ist die - nach den Umständen für den Notar zugelassene (vgl. Hartmann, in: Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, Rdn. 52 zu § 156 KostO) - weitere Beschwerde gemäß § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO statthaft und auch sonst zulässig.

2. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Verweisung der Sache an das sachlich zuständige Amtsgericht.

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts waren die Einwendungen der Kostenschuldnerin gegen die in Rede stehende Kostenrechnung nicht als beim Landgericht geltend zu machende Beschwerde (§ 156 Abs. 1 Satz 1 KostO), sondern als Erinnerung gegen den Kostenansatz, über die das Amtsgericht zu entscheiden hat (§ 141 i.V.m. § 14 Abs. 2 KostO), zu behandeln:

aa) Aus § 143 KostO ergibt sich, dass § 156 KostO lediglich in den Fällen Anwendung findet, in denen die Gebühren für die Tätigkeit des Notars diesem selbst zufließen. In den übrigen Fällen - wenn Gebührengläubiger also nicht der Notar, sondern die Staatskasse ist - gilt gemäß § 142 KostO dagegen § 14 KostO.

bb) Zwar ist seit der mit Wirkung ab 01.01.2006 (Art. 4 § 1) durch das Gesetz zur Änderung des Landesjustizkostengesetzes und des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 28.07.2005 (GBl. S. 580) erfolgten Änderung von § 10 LJKG bei Urkundsgeschäften der hier in Rede stehenden Art (vgl. § 3 LFGG) nicht mehr die Staatskasse, sondern der Notar selbst Gläubiger der durch seine Tätigkeit entstehenden Gebührenforderung (§ 10 Abs. 2 Satz 1 LJKG n.F.). Damit fließen seitdem diese Gebühren dem Notar zu, so dass in diesen Fällen gemäß § 143 KostO Einwendungen gegen die Kostenberechnung im Verfahren nach § 156 KostO geltend zu machen sind.

Die von der Kostenschuldnerin angegriffene Kostenberechnung vom 20.12.2007 betrifft indessen Beurkundungsgebühren, die am 24.06.2002 und damit schon vor dem zum 01.01.2006 erfolgten Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 28.07.2005 entstanden sind. Deshalb ist für diese Gebühren § 10 LJKG in der alten Fassung, nach der die Gebühren und Auslagen für die Tätigkeit der Notare - ohne Einschränkungen - zur Staatskasse erhoben werden, und nicht in der - in Fällen der hier vorliegenden Art eine Gebührengläubigerschaft der Notare normierenden - neuen Fassung anzuwenden.

Etwas anderes ergibt sich nicht etwa aus der Übergangsvorschrift gemäß Art. 4 § 2 des Änderungsgesetzes vom 28.07.2005, wonach "für alle zwischen dem 01.06.2002 und dem 31.12.2005 entstandenen Beurkundungsgebühren in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten .... [der § 11 LJKG neu fassende] Art. 1 Nr. 6 [des Änderungsgesetzes] insoweit (gilt) als darin Gebühren den Notaren vollständig überlassen werden" und wonach "als pauschale Aufwandsentschädigung .... die Notare 15 vom Hundert dieser Gebühren an die Staatskasse abzuführen (haben)". Denn danach gilt zwar § 11 LJKG n.F. - der u.a. die in § 10 Abs. 2 LJKG a.F. enthaltene Regelung über die Gebührenanteile der Notare ersetzt - rückwirkend. Von der Rückwirkung nicht erfasst wird dagegen § 10 Abs. 2 Satz 1 LJKG n.F., wonach die Notare in den dort genannten Fällen Gläubiger der Gebühren und Auslagen sind (vgl. auch die Begründung zu Art. 4 § 2 des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur Änderung des Landesjustizkostengesetzes und des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit [Landtagsdrucksache 13/3965 vom 21.01.2005, S. 26] sowie die auf die Anhörung zum Änderungsgesetz ergangene Stellungnahme der Landesregierung zu Art. 4 § 2 [a.a.O., S. 44]).

b) Demgemäß hat das Landgericht über die Einwendungen der Kostenschuldnerin als für die erstinstanzliche Entscheidung nicht zuständiges Gericht entschieden. Die Sache war daher an das gemäß § 142 i.V.m. § 14 Abs. 2 KostO zur Entscheidung über die Erinnerung berufene Amtsgericht Waldshut-Tiengen zu verweisen.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Im Verfahren der weiteren Beschwerde entstehen keine Gerichtsgebühren und eine Kostenerstattung findet nicht statt (vgl. Hartmann, a.a.O. [Kostengesetze], Rdn. 6 zu § 131 KostO).

Ende der Entscheidung

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